August 26, 2001

Grüße von Axel aus Rio!

vonBobshaus.jpg

Hier nun also das erste Lebenszeichen von mir aus der Stadt, in der ich mich in den nächsten Monaten aufhalten werde. Am letzten Sonntag landete ich auf dem Aeroporto International und hatte das Glück auf Senhor Itamar zu treffen. Er arbeitet beim Goethe-Institut, wo ich ein 6monatiges Praktikum absolvieren werde. Eigentlich war er gekommen, um Michael Wesely abzuholen, einen Fotografen, der an dem Projekt >Kultur der Favela< mitarbeitet, welches von der Stadt Rio und dem Institut veranstaltet wird und welches auch mich beschäftigt.
So fuhren wir also zusammen mit dem alten VW-Bus des Instituts hinein in die “cidade maravilhosa”. Ich bezog ein Zimmer in einem kleinen Hotel, wo ich die ersten Tage nächtigte. Am Montag folgte dann der erste Tag im Institut. Zusammen mit dem Institutsleiter Klaus Vetter und zwei weiteren Künstlern gingen wir ins Restaurant des Paco Imperial, dem Museum in dem die abschließende Ausstellung für das Projekt im März 2002 stattfinden wird. Dort trafen wir auch den Direktor des Museums, der uns die Räume zeigte.
Am Dienstag nahm ich dann an der Teamsitzung des Instituts teil, wurde vorgestellt und bekam meinen “Auftrag”. Meine Aufgabe wird es zunächst sein, die Künstler zu betreuen und mit ihnen Favelas zu besuchen und dort mit Kontaktpersonen zu sprechen, die entweder Teil des Projekts sind, oder uns unterstützen werden. Vom 11. - 23.09. werde ich dann die Filmreihe >Morro do Cinema< (die Favela im Film) besuchen und den Zuspruch und die Reaktion des Publikums studieren, da Herr Vetter sich dann in Deutschland aufhält.
Gleich am Mittwoch fuhren wir dann in eine “sanierte” Favela um Bob (einen Angloamerikaner) zu besuchen, der sich dort ein mehrstöckiges Haus ausgebaut hat in dessen unteren Stockwerken sich eine Galerie befindet, wo er seine Bilder ausstellt.
Hier habe ich registriert, das den schönsten Blick in dieser Stadt tatsächlich deren ärmste Bewohner haben, da sie weit über den Wohlhabenden an den Hängen der Berge wohnen.
Sanierte Favela heißt in diesem Falle: frei von Drogenhandel.
Das dies die Ausnahme ist erfuhr ich dann an den folgenden Tagen, als wir Rocinha und Vidigal besuchten, beides Favelas mit 100-200 tausend Einwohnern. Hört man dort kleine Explosionen, sind das nicht etwa Schüsse, wie man im ersten Moment vermutet, sondern Feuerwerkskörper, die die Ankunft von Drogenlieferungen oder Polizeikontrollen ankündigen.
Das wir uns relativ unbesorgt in ihnen bewegen konnten, hängt damit zusammen, dass die Drogenbosse und die Militärpolizei Kunst und Kultur nicht als Bedrohung sehen solang sie nicht auf Kriminalitätssensationismus abzielt.
So habe ich gleich zu Beginn eine ganz andere Seite von Rio gesehen, auch wenn diese Welt für mich bisher nur eine Oberfläche ist, denn ihre Zusammenhänge zu erkunden und zu begreifen erscheint mir fast nicht möglich.
Heut nach einer Woche fand ich zum ersten Mal Zeit an den Strand zu gehen und meine Füße vom Atlantik umspielen und mir die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. Zum Glück gibt es auch dieses zum Batterieauftanken.


Vorerst wünsche ich Euch noch einen schönen “Altweibersommer” und grüße Euch aus Brasil!

Axel

axel at August 26, 2001 10:38 AM

top of page

Read more:

| Uma boa semana pra vocês ! (newer)  »


Recent Entries

Search


jump to navigation | Zur Navigation springen